Das Stadttheater in Minden
Das Stadttheater Minden wurde im Jahr 1908 eröffnet. Das Kriegsende 1945 erlebte das Theater im „Dornröschenschlaf“, denn wie alle deutschen Bühnen unterlag es dem Generellen Spielverbot der Nationalsozialisten vom 31.08.1944 und stellte deshalb am 01.09.1944 den Spielbetrieb ein. Noch im Juni 1944 hatte es eine KdF-Musikwoche gegeben.
Während in vielen großen und mittelgroßen deutschen Städten die Theatergebäude durch Bombardements zerstört wurden, blieb das Stadttheater jedoch heil. Dieser Umstand, eines der wenigen spielbereiten Theater in Deutschland zu sein, führte dazu, dass sich in den Folgejahren viele Größen der Musik- und Schauspielszene in Minden einfanden und im Stadttheater auftraten.
Unmittelbar nach dem Krieg wurde das Theater jedoch von den britischen Besatzungstruppen beschlagnahmt und diente ausschließlich der Truppenbetreuung. Die Mindener Bürger hatten keinen Zutritt. Das Bild rechts zeigt den Theaterdirektor Wilhelm Kahre (vorn rechts) und seinen Vorgänger Max Matthey (vorn, 2.v.l.) zusammen mit britischen Soldaten, die im Theater bis 1955 das Sagen hatten.
Im Februar 1946 sorgte dann – Ironie des Schicksals – eine Naturkatastrophe dafür, dass das Theater wieder für die Mindener zugänglich wurde. Beim höchsten Weser-Hochwasser der letzten 100 Jahre, ausgelöst durch starken Regen, Schneeschmelze und die Zerstörung der Edersee-Sperrmauer (die ansonsten die Wassermassen reguliert hätte), drang Wasser zunächst in die Kellerräume und dann auch die Bühnen- und Zuschauerräume ein. Bühnenarbeiter löschten geistesgegenwärtig die Kesselfeuerung, um eine Explosion zu verhindern. Die britischen Darsteller und Zuschauer wurden eilig mit Lastwagen abtransportiert.
Das Hochwasser blieb viele Tage, das deutsche Theaterpersonal wurde zu Überwachungsaufgaben mit Schlauchbooten ins Theater gefahren. Der Flügel schwamm im Orchestergraben, die im Keller lagernden Requisiten drückten von unten gegen den Bühnenboden und zerstörten ihn, er sah aus „wie eine Kraterlandschaft“. Als das Wasser sich endlich zurückgezogen hatte, fand man im Dirigentenpult ein paar kleine Fische, die den Weg zurück nicht gefunden hatten.
Die Trocknung des Theaters wurde zu einem Problem, weil Koks knapp war und für viele andere Anwendungen gebraucht wurde. So dauerte es einige Wochen, bis das Theater wieder spielbereit war.
Im März 1946 entschied der britische Kulturoffizier, das Theater an zwei Tagen pro Woche (Samstag und Sonntag) für die deutsche Bespielung zur Verfügung zu stellen. Bald traten größere Bühnen, z.B. aus Bielefeld und Hannover, in Minden mit Prosastücken und musikalischen Werken auf.
Der Hunger der Mindener auf Kultur war groß. Beim Kartenvorverkauf bildeten sich lange Schlangen und es kam zu einzelnen Vorfällen, bei denen die Polizei einschreiten musste.
In den Jahren ab 1947 gab es wieder Bunte Abende und Varieté-Vorstellungen und es wurde zunächst vereinbart, dass die Nachmittags-Vorstellungen für die Mindener Bürger waren, während die Abendveranstaltungen den britischen Besatzern vorbehalten waren. Bald gaben die Briten jedoch auch Abendveranstaltungen für Mindener frei, ab 1948 nahmen die Briten dann nur noch 2 Tage pro Woche, dann 2 Tage in 2 Wochen und zum Schluss nur noch 3 Tage im Monat in Beschlag.
Mit Eintritt der Währungsreform endete diese Beschlagnahme, britische Soldaten kauften Eintrittskarten für die Veranstaltungen und saßen mit Mindener Bürgern friedlich zusammen im Publikum.
Es gab nun auch wieder einen festen Spielplan und die ersten Abonnements mit je 4 Prosa-Werken und 4 musikalischen Aufführungen. In der Folge traten u.a. das Ensemble der Mailänder Scala, das Berliner Oprenballett und bekannte deutsche Schauspieler und Musiker in Minden auf. Es gab ein geregeltes Nebeneinander von deutschen und britischen Veranstaltungen, und an spielfreien Tagen wurde das Theater ab 1950 als Kinosaal für Filmvorführungen genutzt. Dies endete 1954 mit der Eröffnung des Kinos „Regina“.
Zu den Stars der Nachkriegszeit, die in Minden auftraten, gehörten u.a. Lale Andersen, Marika Rökk, Ida Ehre, O.E.Hasse, Bernhard Minetti, Kaus-Jürgen Wussow, Martin Benrath, Käthe Haack, Will Quadflieg, Marianne Hoppe, Nicole Heesters, Elisabeth Flickenschild, Hans Caninenberg und Veit Relin.
Wir danken Bertram Schulte, ehem. Leiter des Stadttheaters Minden, für die Bereitstellung der Bilder und Geschichten.